Fazit 6. Mühlberger-Tage zum
Abschluß der sechsten Mühlberger-Tage in
Eislingen
17.4..2005
'Wieder habe ich ganz neue Dinge erfahren', meinte ein Gast am Ende der
diesjährigen Mühlberger-Tage in der Eislinger Bücherei im Schloß. Genau darum
war es den Organisatoren vom Eislinger Kunstverein gegangen: Über 'JM' (so Josef
Mühlbergers Kürzel bei der Neuen Württembergischen Zeitung, NWZ Göppingen) neue
Informationen zugänglich zu machen, seine Schriftstellerpersönlichkeit immer
differenzierter zu zeigen und Fragen im Zusammenhang mit seinem Werk
diskutieren. So verfolgte Dr. Susanne Lange-Greve in ihrem Vortrag 'Am Fuße des
Hohenstaufen' Mühlbergers Weg aus Trautenau nach Eislingen zurück, zeigte seine
Hoffnungen und Enthusiasmus, als er in Württemberg ankam, aber auch, wie seine
Ernüchterung wuchs, als der erwartete Erfolg für seine Bücher letztlich
ausblieb. Paßte er nicht in den westdeutschen Literaturbetrieb' &nb
sp; In den ostdeutschen paßte er gewiß nicht! Denn in der DDR wurde das
Thema Vertreibung fast vollkommen tabuisiert. Darüber sprach eingangs ihres
Vortrags Prof. Dr. Elke Mehnert, die sich dem Thema 'Flucht und Vertreibung im
Werk Josef Mühlbergers' widmete. Vor allem am Beispiel der 1951 publizierten
Erzählung 'Der Galgen im Weinberg' führte sie engagiert aus, daß es Mühlberger
trotz des Heimatverlustes immer um eine gerechte Einschätzung der Ereignisse
gegangen ist, der auf deutscher Seite im Krieg, der auf tschechischer danach. Er
wollte Brücken bauen, nicht Trennung fördern. Den Ton seiner bitteren Erzählung,
die ihre Leser aufrütteln sollte, konnten die Zuhörer erleben bei einer Lesung
ausgewählter Passagen durch die Lyrikerin Tina Stroheker. 'Sprache und
Heimat', 'Literatur und Heimat' ' die Frage danach, eine zentrale auch im Werk
Mühlbergers, schwang bei einer Lesung von drei bedeutenden zeitgenössischen
deutschsprachigen Lyrikern mit, Zehra Cirak (aus türkischer Familie), Jose F. A.
Oliver (aus andalusischer) und Walle Sayer. Aus den Worten der Autoren im
Gespräch mit Tina Stroheker wurde deutlich, daß Sprache und Literatur eine
Kraftquelle für den einzelnen und eine Brücke zwischen den Menschen sein kann.
Das Hören der drei unterschiedlichen Stimmen und Schreibweisen wurde zum
beeindruckenden, ja stellenweise bewegenden Erlebnis für das
Publikum. Den Reigen der Vorträge beschloß der renommierte Volkskundler
Prof. Dr. Hermann Bausinger. Sein Blick auf 'Heimat und Globalisierung' brachte
die Heimat-Problematik vollends in die Gegenwart. Bausinger unterstrich in
seiner erstaunlichen Mischung aus Wissenschaftlichkeit, Witz und rhetorischer
Eleganz, wie ausdauernd die Liebe der Menschen zum 'kleinen Raum' in einer Welt
ist, die 'worldwide' geworden ist. Selbst um den Dialekt, meint Bausinger,
brauche man sich keine Sorgen zu machen. Bausinger bleibt immer
nüchtern-analytisch, ist gefeit gegen alles Idyllisierende, zugleich aber
verliert er nie den Blick aufs Ermutigende. Zuletzt fand die Verleihung
des Josef-Mühlberger-Preises statt, den der Lauterner Verein der Freunde Josef
Mühlbergers alle zwei Jahre vergibt. Dr. Uwe Dubielzig aus München, den
Hauptpreisträger, würdigte Prof. Konrad Plieninger in seiner profunden Laudatio.
Dubielzig hat sich mit dem gebürtigen Schwäbisch Gmünder Hermann Weller
beschäftigt, der, hauptberuflich Sprachforscher, ein Verfasser neulateinischer
Literatur gewesen ist, der 'Horaz des 20. Jahrhunderts'. Seine Elegie 'Y'
verbindet Poesie mit antifaschistischer Mahnung, und das im Jahr 1937. Das hat
Dubielzig fundiert herausgearbeitet. Danach die Laudatio von Erich Klaus auf den
zweiten Preisträger Hans König, Gaildorf, der für eine Arbeit über zwölf Autoren
aus Gschwend im Limpurger Land ausgezeichnet worden ist. Einige Aspekte, auf die
Klaus abhob: Welch ein literarischer Reichtum auch in den kleinen Ortschaften!
Was für ein geistiger Enthusiasmus auch in der Armut! Und: wieder einmal die
Bedeutung der evangelischen Pfarr- und Lehrerhäuser! Die Gitarristin Ulrike Merk
(Berlin, Paris) bereicherte die Matinee in der Stadthalle. Bleibt zu
erwähnen: Der umfangreiche Büchertisch, der manche Begehrlichkeit weckte und
befriedigte, die Herzlichkeit, mit der aktive und zuhörende Gäste in Eislingen
empfangen wurden, die dankenswerte Förderung der Mühlberger-Tage durch die Stadt
Eislingen und die Robert Bosch Stiftung, Stuttgart. Auf ein Neues im
Jahr 2007 ... (ebk)
http://www.josef-muehlberger.org/
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Fotos:Hans-Ulrich
Weidmann und Peter Ritz
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Bürgermeister
Frank bei der Eröffnung
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Dr.
Susanne Lange Grewe
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Drei
Lyriker
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Drei
Lyriker
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Drei
Lyriker
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Prof.
Dr. Elke Mehnert
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Prof.Dr.
Hermann Bausinger
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Stadthalle
- Ort der Preisverleihung
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Ulrike
Merk und Reiner Wieland
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Preisverleihung
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Preisverleihung
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